Ich war so stolz und froh, Jesus tragen zu dürfen, und ich sah so viel mehr, als die Menge sah. Ich ahnte, der Jubel würde umschlagen in Hass. Ich kenne die Wankelmütigkeit von Euch Menschen und es verletzt mich nicht, wenn ihr mich störrisch nennt – lieber standhaft als ein Fähnchen im Wind. Ich sah voraus, aus dem Jubel werden Spott und Schläge. Sie werden ihn verachten, wie er sich nicht wehrt, weil er nicht groß ist im Zurückschlagen, sondern groß im Ertragen und Erdulden. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wenn man ihre Schläge erduldet und sich nicht wehrt, macht es sie noch wütender. Sie hören nicht auf. Sie werden blind vor Wut. Ich spürte, der Tod war ihm nah, und dennoch strahlte er eine Kraft aus, die mir die Sorge um ihn nahm.
Und ich sah Gott an seiner Seite, all seine beschützende Kraft, all seine Engel waren um ihn – um uns -, leiser als die Menge, unsichtbar für blinde Menschenaugen. Ich habe sie gesehen, diese Engel, denn Esel und Engel sind sich nah, ob Ihr es glaubt oder nicht. Manchmal denkt Ihr Menschen, Engel sind Esel, weil sie anders bewahren, als Ihr erwartet, weil sie vieles ertragen und aushalten, weil sie Euch ertragen und aushalten und weil sie standhaft sind, manchmal so stur wie wir Esel. Und manchmal sind Esel Engel. Wir Esel sind wie Engel da, wenn Ihr uns braucht, wir arbeiten für Euch und wir bewahren Euch vor Gefahren, die Ihr gar nicht seht, wie damals bei Bileam (Num 22,21-31). Engel und Esel arbeiten oft zusammen im Sinne Gottes. Gott beauftragt uns, ein Auge auf Euch zu halten, Euch zu helfen, Eure Wege zu finden, Euch zu beschützen und Euch zu tragen über manchen Stolperstein hinweg und da, wo es für Euch zu mühsam wird.
Christa Böttcher (aus Aufbruch für die Seele – Der Kalender für die Fasten- und Osterzeit 2019)