Information der Projektgruppe Kirchenentwicklung

Warum muss die Kirche sich entwickeln? Sie hat eine so lange Zeit überdauert, das spricht doch dafür, dass ein hohes Maß an Akzeptanz vorhanden ist.

Grundsätzlich ist das schon richtig. Es gab jedoch auch immer Veränderungen oder zumindest Gespräche und Diskussionen. Man denke an die Konzilien und Synoden.

Unser gemeinsames Leben ist von Veränderungen bestimmt. Selbst die Veränderungen in unserer kurzen Lebensspanne sind schon sehr umfangreich, ich denke nur an die Entwicklung der letzten 50 Jahre.

Auch unsere Wertvorstellungen, unsere Ethik und Moral haben sich verändert. Was vor 150 Jahren als undenkbar galt, ist heute für uns selbstverständlich. Andererseits ist nicht das, was alt ist, automatisch überholt.

Aus diesem Grund geht es nicht darum, alles zu ändern. Kirchenentwicklung stellt Fragen. Es sind Fragen danach, ob unsere Regeln und Werte noch zu unserem heutigen Leben passen. Auch das Stellen von Fragen bedeutet nicht, dass das Hinterfragte geändert werden muss. Vielmehr geht es um eine Überprüfung, die ergebnisoffen ist. Genauso wichtig ist jedoch auch, dass der Fragende eine genaue Vorstellung davon hat, was er oder sie anstrebt, um so die Feststellung zu treffen, dass das Ergebnis deckungsgleich ist oder nicht.

 

Kommt das Thema Kirchenentwicklung zur Sprache, haben die Menschen sehr unterschiedliche Vorstellungen davon, was darunter zu verstehen sei.

Zunächst eine einfache Antwort: Das Thema Kirchenentwicklung soll und wird sich mit den Fragen der Menschen befassen, die ein Interesse daran haben.

Und hier fangen die ersten Unterschiede zu der bisherigen Denkweise an. Nicht nur die Mitglieder der Pfarrei sind aufgerufen ihre Meinung zu äußern, sondern alle Menschen, die an einem Kirchort wohnen, sind nach ihrer Meinung gefragt.

So ist es möglich sich ein Bild davon zu machen, welche Menschen hier leben, was sie brauchen und welche Erwartungen sie haben. Auch ist die Feststellung möglich, dass andere Menschen ähnliche Erwartungen haben wie ich und so die Möglichkeit besteht, sie gemeinsam zu verwirklichen.

 

Das Thema ist ein wichtiges in unserem Bistum, und nicht nur in unserem. In anderen Diözesen wurden schon Fortschritte gemacht.

Doch geht es nicht nur um die Verlautbarungen aus Limburg, dass Kirchenentwicklung von großer Bedeutung ist und entsprechend Priorität besitzt.

Kirchenentwicklung wird von Limburg nicht über die Pfarreien gestülpt, vielmehr werden die Möglichkeiten geschaffen, dass Pfarreien aktiv an dem Prozess teilnehmen können. Entsprechende Veranstaltungen, wenn sie denn wieder möglich sind, werden auf Anfrage unterstützt.

 

Genauso wenig funktioniert die Kirchenentwicklung, wenn sie auf Pfarreiebene über die Pfarreimitglieder gestülpt wird.

Und möchten überhaupt nur Pfarreimitglieder, dass die Kirche sich entwickelt?

Es ist auch eine Tatsache, dass sich Menschen von der Pfarrei nicht angezogen fühlen und keine aktiven Mitglieder sind. Es wäre deshalb sinnvoll zu erfahren, was sich in der Pfarrei ändern sollte, damit auch diese Menschen einen Sinn sehen, sich als Teil einer Gemeinde zu fühlen.

Aus diesem Grund ist es notwendig, die Vorstellungen, Bedürfnisse und Wünsche des Einzelnen zu kennen. Des Einzelnen, der oder die im Bereich der Pfarrei lebt.

Nur wenn ich weiß, was ich von Kirche erwarte, kann ich mich auch mit anderen darüber austauschen und nach Wegen suchen, wie ich das in der Pfarrei verwirklichen kann.

 

Hier tauchen zwei Begriffe auf, die vor Jahren auf einem Kongress in Afrika diskutiert wurden.

Diese Begriffe wurden strukturiert und helfen uns heute, unsere Vorstellung von Kirchenentwicklung zu definieren.

I. Partizipative Kirche

 

Die grundlegende Frage ist: Wem gehört die Kirche?

Das ist eine Frage, die zunächst sehr allgemein klingt. Bei genauerer Überlegung kommt jedoch die Erkenntnis, dass wir die Kirche sind und somit auch die Verantwortung mittragen.

 

Und : Welches Bild habe ich von der Kirche?

 

 

Es gibt vier Stufen der Beteiligung an der Kirche: 

1. Die versorgte Kirche:

 

Die Aufgaben der Kirchen werden von einer Person definiert und erledigt

2. Die Kirche der Helfer:

 

Die Aufgaben der Kirche werden von einer Person definiert und an andere delegiert, die sie im Auftrag erledigen.

3. Die aufwachende Kirche:

 

Kirche wird Teil des Alltags. Es gibt Gruppen, die Fragen stellen um so ihre Aufgaben zu definieren und zu erledigen.

4. Die Kirche der Dienste

 

Kirche und Alltag werden eins und stehen nicht mehr nebeneinander. Die Aufgaben der Kirche werden selbständig durch verschiedene Gruppen definiert und erledigt. Über allem steht das gemeinsame Erreichen.

Das Ziel ist, ein fünftes Bild für uns zu entwickeln, das unserer Vorstellung von Kirche entspricht.

Diese vier Bilder sind tatsächlich als Bilder in Form von Piktogrammen vorhanden. Diese Bilder wurden auf einem Kongress in Afrika entwickelt, um auch allen Menschen die Struktur der Kirche, in der sie leben zu verdeutlichen, unabhängig von ihrer Sprache und ihrer Fähigkeit zu lesen.

Auf der Homepage des Bistum Münster findet sich sogar eine genaue Anleitung, wie wir mit diesen Bildern unsere Wirklichkeit in der Pfarrei erkennen können. Die Überschrift dieser Seite lautet: „Die pastorale Wirklichkeit erkennen und die Vision entwickeln“.

 

 

II. Gemeinsame Visionen

 

Das zentrale Wort für die Kirchenentwicklung ist gemeinsame oder geteilte Vision. In der Bibel Sprichwörter 29 Vers 18 steht: “Ohne Vision verkommt das Volk“. Vision ist der erste Schritt in die Zukunft.

 

Das Thema „Vision“ und wie man zu einer geteilten Vision gelangt, war einer der wichtigsten Punkte unseres Aufgabenkatalogs der  Fortbildung auf den Philippinen, an der ich teilgenommen habe und lässt sich nicht in wenigen Worten erklären. Eine Vision ist auf alle Fälle mehr, als ein Minimalkonsens oder der kleinste gemeinsame Nenner, daher nenne ich einige Schlagworte:

- Eine geteilte Vision ergreift die Menschen und gibt ihnen Energie.

- Eine geteilte Vision ermutigt dazu, die Initiative zu ergreifen, um gemeinsame Ziele zu erreichen.

- Eine geteilte Vision ermöglicht Prioritäten zu setzen.

- Eine geteilte Vision gibt dem Leben einen Sinn und macht es bedeutungsvoll.

Auf den Philippinen gibt es die geteilte Vision nicht nur auf Pfarreiebene, sondern auch auf Bistumsebene.

Zum Schluss möchte ich noch drei Sätze zu dem Wort Vision sagen:

 

- Eine Vision wird nicht gelehrt, sondern ergriffen!

 

- Eine Vision ist nichts was du im Schlaf siehst, sondern was dich nicht schlafen lässt!

 

- Träumer haben vielleicht keinen Plan aber Realisten haben keine Visionen!

 

Auf den Philippinen haben die Menschen, die ich getroffen habe, folgendes Motto:

Setze ein großes Ziel, unterteile es in kleine erreichbare Ziele und feiere jeden kleinen Erfolg!

 

Weiterführende Informationen und Veranstaltungshinweise finden sich hier:

https://mehr-als-du-siehst.bistumlimburg.de

Michael Peglow